Janis* ist heute 19. Er wuchs mit wenig Unterstützung haltlos und ohne Orientierung auf. Er hatte gelernt, dass ihm Aggression und Gewalt dazu verhelfen, sich auf der Straße und in der Schule behaupten zu können und sich Respekt – wenn auch nur zweifelhaften - zu verschaffen. Viele seiner Mitschüler, seiner Nachbarn hatten Angst vor ihm, denn sie wussten: Janis* schlägt schnell zu, wenn ihm etwas nicht passt. Und das ihm etwas nicht passt, kam häufig vor.

Bei Aufnahme in die Initiative war Janis* 13 Jahre alt und seine schulische Karriere stand bereits vor dem „Aus“. Schon so früh kein Schulabschluss in Aussicht. Das hieß auch, seine Perspektiven auf einen (Lehr)Beruf waren stark begrenzt und zu diesem Zeitpunkt deutete vieles eher daraufhin, dass Janis* später maximal einen Hilfsjob bekommt. Maximal.

Auch seine Eltern hatten keinen Einfluss mehr auf ihn und wussten oft gar nicht, wo er sich aufhielt, mit wem er zusammen war und was er so alles anstellte.

Ohne Bindung und ohne Rückhalt nahmen auch seine persönlichen Probleme weiter zu. Seine Straftaten steigerten sich rasant in Quantität, aber auch Qualität und er hinterließ viele Opfer. Hinzu kamen Themen wie Rechtsradikalismus, Satanismus und Drogen. Janis* suchte nach einer irgendeiner Art von Verlässlichkeit und Orientierung.

„Das Eisen schmieden solange es heiß ist!“

Janis bei der Arbeit als Metallbauer

Als seine Probleme ihn zu überschwemmen und gänzlich mitzureißen drohten, schlief er sogar einige Tage im Wald. Er wollte zu sich selbst finden, immer auf der Suche nach Hilfe und Unterstützung.

Janis* fand genau diese Hilfe bei „Kurve kriegen“.

So begann er von sich aus und immer öfter aktiv den Kontakt und den Rat der pädagogischen Mitarbeiter zu suchen und von seinen Problemen zu berichten. Fragen wie „Was mache ich denn, wenn ich jemandem eine verpassen will?“ oder „Ich würde mir jetzt gerne einen Joint rauchen, was soll ich jetzt stattdessen tun?“ trieben ihn um.

Mit Geduld, Vertrauen und Verlässlichkeit gelang es uns letztendlich dann doch, ein tragfähiges Netzwerk aus schulischer Hilfe, Jugendhilfe und medizinischer Unterstützung um Janis* herum aufzubauen, ihn so seelisch zu stabilisieren und ihm das Gefühl zu vermitteln, dass ihm geholfen wird und das echtes Interesse an seiner Person besteht. Erste persönliche Erfolge stellten sich jetzt ein: Er wurde nicht von der Schule verwiesen und schaffte doch noch seinen Hauptschulabschluss. Er entwickelte eigene Ziele für seine persönliche und berufliche Zukunft. Er fand einen Ausbildungsplatz in der Metallverarbeitung.

Und heute?

Janis* ist von Zuhause ausgezogen und meistert sein Leben selbstständig. Er befindet sich im dritten Ausbildungsjahr zum Metallbauer. Seine Leistungen sind solide.

Er hält immer noch Kontakt zu den Mitarbeitern der Initiative und es besteht ein persönlicher Kontakt, der ihn weiter stabilisiert. Denn auch ein solches Übergangsmanagement ist ein fester Bestandteil von „Kurve kriegen“.

Aus meiner Sicht hat Janis* vieles geschafft, was viele am Anfang für unmöglich gehalten haben. Er lebt heute ein selbstbestimmtes Leben ohne Straftaten. Und auch das Weitere wird sich finden.

* Name geändert