Reiterin auf einem Feldweg

„Kurve kriegen“ ist eine kriminalpräventive Initiative des Landes Nordrhein Westfalen und im September 2016 in Düsseldorf als Referenzprojekt an den Start gegangen.

Ziel der Initiative ist es, mit straffällig gewordenen Kindern- und Jugendlichen, mittels gezielter Unterstützung Handlungsalternativen zu entwickeln, um weitere Straffälligkeit zu vermeiden.

Einige dieser Kinder sind in einem problematischen Umfeld aufgewachsen, erleben wechselnde Wohnsituationen und haben bereits früh Beziehungsabbrüche erlebt. Diese unklaren und unsicheren Erfahrungen können unter anderem dazu führen, dass Kinder und Jugendliche in persistent delinquentes Verhalten abrutschen. 

Stabilität und vertrauensbildende Maßnahmen sind entsprechend wichtige Faktoren und bilden einen Schwerpunkt der pädagogischen Arbeit in „Kurve kriegen“. Dabei können auch externe Anbieter zum Einsatz kommen, die zusätzliche Anreize bieten und die Fachkräfteteams von „Kurve kriegen“ ergänzen und in der kriminalpräventiven Arbeit unterstützen. 

Eines dieser Projekte ist die Reittherapie von Jasmin Borcherding. 

Sie hat eine qualifizierte Ausbildung zur Heilpraktikerin in Psychotherapie und eine Zusatzqualifikation als Traumatherapeutin. 

Ihre Pferde sind in einem Stall im Düsseldorfer Norden, in Angermund, nahe des Angerbach und der Grenze zu Duisburg, untergebracht. Die Umgebung ist geprägt von Feldern und Wiesen und hat zudem ein Schloss, dessen Park sich über 5 ha erstreckt und zu den schönsten niederrheinischen Parks zählt. 

In dieser idyllischen Atmosphäre findet die Arbeit von Jasmin Borcherding mit den Jugendlichen statt. 

Der Erstkontakt findet in der Regel über eine Anfrage der Mitarbeiterinnen der Initiative „Kurve kriegen“ statt. Es werden Eckdaten und kurze Einschätzungen zu den potentiellen Teilnehmer*innen vorgestellt und ein erster Termin zum Kennenlernen abgesprochen. 

Das erste Treffen ist oft entscheidend hinsichtlich der Frage, ob eine weitere Zusammenarbeit gewünscht wird. 

Die Jugendlichen sind zunächst eher zurückhaltend und es ist wichtig, ihnen die Scheu vor der Arbeit mit den Pferden zu nehmen. Da bei Jasmin Borcherding auf dem Hof viele unterschiedliche Pferde leben, besteht die Möglichkeit, dass sich die Teilnehmenden selbst aussuchen mit welchem Pferd sie arbeiten möchten.

Die Ziele der Reittherapie sind der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung, die Stärkung der eigenen Ressourcen, fehlende Kompetenzen zu erarbeiten und Hilfsmittel zu entwickeln, damit die Kinder- und Jugendlichen mit mehr Selbstvertrauen und  gestärkt lernen, ihren Alltag anders zu gestalten. Beispielhaft sei nun die Entwicklung einer Teilnehmerin vorgestellt, die seit 2021 durch Jasmin Borcherding reittherapeutisch begleitet wird. 

Alla (Name geändert / Sozialdaten verfremdet) ist seit vielen Jahren in unterschiedlichen Wohngruppen zu Hause, sie gilt als sozial auffällig und zeigt in Krisen deutliche Impulsdurchbrüche, ein hohes Aggressionspotential und äußerte suizidale Absichten. Stationäre Aufenthalte und kurzzeitige Auszeiten in anderen Wohngruppen wechselten sich immer wieder ab. Hinzu kam es zu wiederholtem Schulabsentismus, weil sie sich in der Schule nicht ausreichend gefördert sah und teilweise gemobbt wurde. 

Alla wurde und wird von der pädagogischen Fachkraft je nach Absprache auf dem Hinweg oder dem Rückweg begleitet.

Beim Erstkontakt war Alla sehr vorsichtig und zurückhaltend, konnte sich aber im Laufe des Jahres zunehmend öffnen. Es wurden im Rahmen der Reittherapie viele Stunden damit verbracht, Handlungskompetenzen - sogenannte Skills - zu erarbeiten, um Krisen besser begegnen zu können und das Ausmaß derer dadurch zu minimieren. Dies hat letztlich dazu geführt, dass Alla seit mehreren Monaten deutlich weniger Impulsdurchbrüche hat, im Kontakt mit ihren Bezugsbetreuerinnen der Wohngruppe merklich ruhiger wurde, ihre Bedürfnisse besser formulieren und Unwegsamkeiten leichter verarbeiten kann. Ihre Ressourcen wurden gestärkt und ihr Selbstbewusstsein wurde dadurch spürbar grösser, sodass insgesamt von einer positiven Entwicklung gesprochen werden kann. 

Sie hat Techniken zur Selbstregulierung erlernt und kann sie in ihren Alltag integrieren. Es wurden Zukunftsperspektiven erarbeitet und diese in einen realistischen Bezug gesetzt. Alla geht wieder in die Schule, sie kann ihre Bezugsbetreuerin in der Wohngruppe nunmehr als Vertrauensperson wahrnehmen und strahlt deutlich mehr Freude aus als noch Monate zuvor. 

Alla nimmt die Reittherapie regelmäßig, das heißt mindestens einmal pro Woche, wahr. 

Sie konnte sich darauf einlassen, weil sie bereit und interessiert daran war, etwas für sich selbst zu tun und sie erlebte dadurch eine positive Veränderung.