An dieser Stelle kommen unsere Kooperationspartner und andere Experten zu Wort. Hier formulieren sie ihre Sicht auf die Initiative, ihre Anmerkungen, Anregungen und Wünsche.
Kurve kriegen in NRW
Ein Beitrag von Reiner Gall, AAT/CT®-Trainer, IKD-GbR – Hamburg
Wir gehen davon aus, dass Kinder und Jugendliche durch belastende gesellschaftliche Umbrüche, insbesondere durch den Verlust von verbindlichen und verbindenden Normen oftmals nicht mehr wissen, wie förderliches Sozialverhalten konkret ausschaut. Diese Kinder sind außerhalb der Reichweite von Erziehung (Elternhaus, Schule, Beratungsstellen etc.) und unterhalb des Wirkungsbereiches psychotherapeutischer Verfahren. Die Einflussnahme mittels polizeilicher Maßnahmen sind auf Grund der Altersbegrenzungen ebenfalls äußert begrenzt.
Inkompetente bzw. überforderte Eltern oder andere Erziehende die in der Erziehung einen Bequemlichkeitsliberalismus praktizieren und den Kindern und Jugendlichen alles „durchgehen“ lassen, ziehen stellvertretend für das Kind den Stecker.
Die Interventionen müssen konfrontativ, klar und eindeutig wirken. „Meine Grenze ist dein HALT“. Gleichzeitig muss den Intervenierenden bewusst sein, dass Kinder die schon früh Opfer von Gewalt, Kränkungen, Zurückweisungen, und Erniedrigungen waren, dringend Hilfestellungen benötigen.
Die Festschreibung der Notwendigkeit der Zusammenarbeit von Schule, Jugendhilfe und Polizei wurde in der Vergangenheit in einigen Durchführungserlassen eindeutig definiert. Es gab in NRW einige erfolgreiche Kooperationen zwischen den Behörden. Jedoch hing die erfolgreiche Arbeit zu häufig von Zufallsprinzipien ab. Strukturen mit finanzieller Ausstattung waren nicht vorgesehen. Ebenso verhinderten Vorbehalte seitens der VertreterInnen aus Schule und Jugendhilfe eine erfolgreiche Kooperation mit der Polizei. Dringend notwendige kooperative Strukturen konnten so nicht entstehen.
Hier kommt das Landesprogramm „KURVE KRIEGEN“ des Landes NRW ins Spiel. Die Schnittstelle „Kinder und Jugendliche – als Intensivtäter“ wird gemeinsam von Jugendhilfe und Polizei definiert und bearbeitet. Die notwendigen dauerhaften Strukturen wurden festgeschrieben und die beteiligten Fachkräfte bringen sich aus unterschiedlichen beruflichen Positionen zum Wohle der Kinder und Jugendlichen ein. Seit 2011 konnte die Initiative in 42 der insgesamt 47 Kreispolizeibehörden Nordrhein-Westfalens etabliert werden. Auch Mittel stehen dafür bereit.
Mein Glückwunsch für dieses Vorzeigeprojekt geht an alle Verantwortlichen im Ministerium, in den Kommunen und Kreisen sowie an die Kolleginnen und Kollegen aus der Jugendhilfe. Sie alle machen eine sehr gute Arbeit.